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Trennungen sind ein bisschen wie Sterben...


Oder: „Au revoir“, mein kleiner Franzose!


Ich stecke gerade mitten in einer schwierigen Trennungsphase. Aber so wie es ist, kann es einfach nicht mehr weiter gehen. Klar sagt sich das leicht und es klingt bestimmt auch cool. Aber in Wirklichkeit blutet mir natürlich das Herz. Schließlich hatten wir wunderbare Zeiten zusammen, und auch die erotische Komponente hat in den zwölf Jahren unseres Miteinanders immer gestimmt. Aber jetzt kann ich ihn einfach nicht mehr sehen und ehrlich gesagt, auch nicht mehr riechen.

Die Sache ist aus dem Ruder gelaufen und mir einfach zu kompliziert geworden. Er raubt mir meine Energie und schröpft vor allen Dingen meinen Geldbeutel! Nichts ist mehr selbstverständlich. Auf nichts kann ich mich verlassen. Wir wollen zusammen irgendwohin, haben eine Verabredung, wollen ins verlängerte Wochenende und ich weiß vorher nie, ob wirklich was draus wird. Er ist immer ein Unsicherheitsfaktor – bis zur letzen Minute.

Geben und Nehmen müssen in einer Partnerschaft doch im Gleichgewicht sein. Finden Sie nicht? Seit ungefähr einem Jahr bin ich aber diejenige, die immer nur gibt. Meine eigenen Bedürfnisse und Ziele spielen überhaupt keine Rolle mehr. Meine Freunde und Kollegen rümpfen nur noch die Nase und meinen: „Du bist ewig im Stress wegen ihm. Warum um Himmels Willen bindest du dir so was Anstrengendes ans Bein?“

Eine Zeit lang, für ein paar Wochen oder sogar Monate, geht es ja auch immer wieder mal gut mit ihm. Ich verdränge all die Probleme, und kann wieder unbeschwert mit ihm umgehen. Aber dann, plötzlich – wie aus heiterem Himmel – geht wieder alles schief. Gestern stand ich wegen ihm sogar mitten in der Nacht und mutterseelenallein auf einer einsamen Landstraße. Ich finde einfach, das Maß ist jetzt voll, es reicht. Ich brauche mehr Verlässlichkeit!

Dabei fing alles so schön an: Als ich ihn das erste Mal sah, hab' ich mich gleich in ihn verliebt. Dabei fanden ihn meine Freundinnen gar nicht toll. Kommentare wie: „Was willst du denn mit dem kleinen Franzosen? Zu dir würde ein großer Sportlicher doch viel besser passen“ habe ich immer tapfer hingenommen und nur frech gemeint: Na und! Euch braucht er ja nicht zu gefallen. Ich muss ja mit ihm klar kommen! Ach, wir hatten wunderbare Zeiten miteinander. Zu Anfang war er ja auch immer für mich da, ließ mich nie im Stich. An den Wochenenden haben wir viel zusammen unternommen, besonders im Sommer. Und dann die vielen schönen gemeinsamen Urlaube in Südfrankreich, einfach wunderbar! Auch in praktischer Hinsicht war er immer unschlagbar. Mit ihm zusammen habe ich zwei Umzüge problemlos bewältigt. Nichts war ihm zuviel. Und selbst den riesigen Barock-Spiegel, den ich irgendwann mal auf einem Flohmarkt erstanden habe, hat er unkompliziert und ohne Probleme transportiert.

„Tja, Madame Boucha, da ist wohl nix zu machen“, meinte auch Sascha, der aus der Ukraine kommt und den ich mindestens genauso lange kenne wie meinen kleinen Franzosen. „Wenn du mich fragst, wird das nix mehr mit dem. Du musst dich von ihm trennen! Den noch irgendwie hinzubiegen... Keine Chance! Ich mach' dir einen Vorschlag: Ich entsorge ihn für dich und schau' mich nach einem schicken Neuen um“. Sprach's, wischte sich die ölverschmierten Hände an seinem Overall ab und knallte unsanft die Motorhaube meines geliebten Renault Twingos zu.


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